Die Skandinavier waren uns in Sachen Recycling schon immer einen Schritt voraus. Zum Beispiel in der Müllverarbeitung – Schweden ist da ganz besonders gut drin – oder in der Nutzung von erneuerbaren Energien. Auch in Dänemark verwerten die Landwirte alles wieder, was nicht innert wenigen Sekunden in der Atmosphäre verdampft. So auch menschlichen Urin. Genauer gesagt 54‘000 Liter Pisse, die sie vor zwei Jahren am Roskilde Festival bei Kopenhagen gesammelt haben. Daraus produzieren die fleissigen Dänen nichts Geringeres als Bier.
Ekelhaft oder genial?
Klingt eklig, ist es aber eigentlich gar nicht. Denn das Bier wird nicht wirklich aus Urin gewonnen, sondern aus einer Braugerste, die mit der flüssigen Ausscheidung der Festivalbesucher gedüngt wurde. Das Ergebnis heisst «Pisner» und wird von der Brauerei Nørrebro Bryghus produziert, die sich vor etwa vier Jahren auf eine biologische Herstellung umgestellt hat. Henrik Vang, Geschäftsführer der Brauerei, erzählt im Interview mit der «Welt»: «Wir wollten schon lange Bier aus recycelten Materialien herstellen, deshalb waren wir sofort bei der Idee dabei.»
Schon im Jahr 2015 kam dem dänischen Landwirtschafts- und Ernährungsministerium die Idee, die viele Pisse nicht einfach zu entsorgen, sondern sinnvoll wiederzuverwenden. Zusammen mit Landwirten und Wissenschaftlern entwickelten sie eine Möglichkeit, den Urin zu filtern und ihn in Dünger umzuwandeln, der dann auf den Feldern verstreut wird.
Kreislauf des Urins
Diesen Sommer findet die Pisse nun endlich wieder ihren Weg zurück ans Roskilde Musikfestival. Abgefüllt in rund 60‘000 dunkelbraune Bierflaschen, die die Brauerei derzeit an Lager hat. Der Trinkfreudige schmeckt den Urin glücklicherweise nicht heraus: «Es schmeckt echt gut. Es ist frisch. Es ist einfach ein gutes Bier», meint eine mutige Testerin ebenfalls im Interview mit der «Welt». Na dann Prost.
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